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Heimische Groß-Reiher

 
 

Der häufigste Vertreter der Reiherfamilie ist bei uns der Graureiher (Ardea cinerea). Als vermeintlicher Nahrungskonkurrent des Menschen litt der auch als Fischreiher bezeichnete Schreitvogel unter massiver Verfolgung. In den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts waren z. B. die Bestände in Nordrhein-Westfalen bis auf 50 Brutpaare dezimiert. Zwar zählt der Graureiher immer noch zu den jagdbaren Tierarten, die Einführung von weitreichenden Schonzeiten im Verein mit der Intensivierung des Gewässerschutzes führte aber zu einer deutlichen Erholung der Populationen. Heute brüten selbst im dicht besiedelten Nordrhein-Westfalen wieder 2800 Paare. Auch in Bayern konnte eine vergleichbare Bestandsentwicklung von ungefähr 250 auf nun 2400 Brutpaare registriert werden. Der Graureiher ist heute wieder ein ungefährdeter Brutvogel und gehört fast zu den alltäglichen Anblicken in gewässernahen Regionen. Graureiher bevorzugen zwar Feuchtgebiete aller Art, wo sie Fische, Amphibien und Wasserinsekten jagen, sie suchen aber auch gerne auf Wiesen, Weiden und abgeernteten Feldern nach Insekten oder - besonders im Winter - nach Mäusen. Für ihr Brutgeschäft bevorzugen sie Gesellschaft und brüten daher meist in Kolonien. Die stabilen Horste aus Reisig werden oft in großer Höhe auf Baumwipfeln errichtet. Wer das Brutverhalten Graureiher gerne ungestört und aus der Nähe beobachten will, sei auf einen Besuch im Augsburger Zoo verwiesen, wo eine lebhafte Brutkolonie wildlebender Graureiher vom Schutz und vom Nahrungsangebot des Tierparks profitiert.

Mit bis zu einem Meter Körperhöhe ist der Silberreiher (Casmerodius albus) größer als der Graureiher. Er bevorzugt schilfbestandene Gewässer, geht zur Nahrungssuche aber auch auf Wiesen und Felder. Der Silberreiher ist oft mit Graureihern vergesellschaftet; bei den nicht seltenen Auseinandersetzungen um den besten Jagdplatz ist er meist dominant. Der Silberreiher hat in Europa einen östlichen Verbreitungsschwerpunkt. Am Neusiedler See gehören sie zu den regelmäßigen Brutvögel. Seit zwanzig Jahren expandiert dieser schöne Vogel nach Westen. Entlang der Donau und seinen Zuflüssen ist er im Winterhalbjahr mittlerweile eine recht häufige Erscheinung. Sie sind gesellig. Ich habe einmal an einem Baggersee bei Günzburg eine Versammlung von 58 Silberreihern beobachtet. Auch im Sommerhalbjahr halten sich regelmäßig einige Exemplare in unserer Region auf, es wurden bislang allerdings keine Hinweise auf Brutversuche registriert. Brütende Vögel sind an ihren dunklen Schnäbeln und an langen, weißen Schmuckfedern des Rückengefieders zu erkennen. Diese Federn waren im 19. Jahrhundert als Hutschmuck groß in Mode und trugen zu einer starken Bejagung der Silberreiher bei. Eine Ausrottung konnte sozusagen in letzter Minute verhindert werden, so dass dieser auffällige Vogel nun als ein fester Bestandteil der deutschen  Avifauna betrachtet werden kann.

Deutlich kleiner als der Silberreiher ist der Seidenreiher (Egretta gazetta). Er ist in den Feuchtgebieten Südeuropas weit verbreitet. Seltener als Silberreiher  verschlägt es Seidenreiher nach Süddeutschland. Da dieser Vertreter der Reiherfamilie ein Zugvogel ist, der seine Winterferien in Afrika verbringt, sind Beobachtungen bei uns auf das Sommerhalbjahr beschränkt. Dieses Exemplar  konnte ich am Ufer der Donau bei Neu-Ulm fotografieren.

Der Purpurreiher (Ardea purpurea) ist in Südasien, Afrika und im südlichen Europa weit verbreitet. Die europäische Population besteht weitgehend aus Zugvögeln, die südlich der Sahara überwintern. Ein Brutvorkommen in Ostbayern scheint erloschen zu sein. Purpurreiher werden bei uns nur unregelmäßig und selten beobachtet. Allerdings ist dieser Vogel trotz seines auffälligen Aussehens in der Natur leicht mit dem Graureiher zu verwechseln. Dieser scheue Schreitvogel bevorzugt bei uns einsame und abgelegene Feuchtgebiete. Ich konnte an mehreren Tagen in Folge einen Purpurreiher in einem ungestörten Feuchtgebiet nahe der Donau beobachten und fotografieren.

Der Nachtreiher (Nycticorax nycticorax) ist eine kleine Reiherart mit fast weltweiter Verbreitung. Auch in Deutschland war dieser in Kolonien brütende Schreitvogel nicht selten, bis er im 19. und 20. Jahrhundert durch Habitatzerstörung und Bejagung bis auf wenige Brutpaare dezimiert wurde. Heute brüten in Bayern wohl kam mehr als zwanzig Paare, die meisten im östlichen Donauraum. Beobachtungen sind allerdings nicht leicht, denn erstens sind Nachtreiher dämmerungsaktiv (daher auch der Name) und zweitens halten sie sich mit Vorliebe in dichten, ufernahen Weidengebüschen auf. So auch dieser Vogel, den ich an einem frühen Junimorgen im Donauried vor die Kamera bekam, gerade als er sich genussvoll der Wärme der ersten Sonnenstrahlen hingab.

Ach ja, diese bösen Fischfresser ...