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Biofilm

Als Biofilm bezeichnet man eine flächige Aggregation von Mikroorganismen auf einem festen Substrat. Biofilm entsteht in der Natur auf jeder feuchten oder submersen Grenzfläche, seien es Steine, Sand, Pflanzenteile oder auch Schiffskörper und Rohrsysteme. Ja, sogar auf unseren Zähnen und Schleimhäuten bilden sich flächige Auflage von Mikroorganismen. Die Bildung von Biofilm beginnt mit der Besiedlung von Oberflächen durch frei bewegliche Mikroorganismen. Meistens sind es bestimmte Bakterien, die sich mit Adhäsions-Molekülen dauerhaft verankern können. Diese ersten Besiedler bieten anderen Biofilm-Bildnern eine Anlagerungsmöglichkeit. Biofilme entstehen zunächst aus Bakterien und Pilzen, später kommen Protozoon und Algen hinzu. So entwickelt sich der Biofilm zu einer mehrschichtigen, dreidimensionalen Struktur und wird dabei artenreicher. Auch das Artenspektrum ändert sich in Abhängigkeit von den Umgebungsbedingungen (Temperatur, Substrat, Strömung), dem Alter des Bewuchses und der Art und Intensität der Nutzung durch Konsumenten.

Da Biofilme wirklich überall vorhanden sind, wo es Wasser und Feuchtigkeit gibt, bilden sie besonders in aquatischen Ökosystemen eine bedeutsame Grundlage der Nahrungskette. Dies trifft besonders für solche Biotope zu, in denen höhere Pflanzen (Gefäßpflanzen) nicht Fuß fassen können wie auf Kies- und Sandbänken oder in schnell fließenden Gewässern. Dieser flächige Bewuchs aus mikroskopisch kleinen Organismen, der alle festen Strukturen mit einem glitschigen Aufwuchs überzieht, ist oft nur sehr dünn und für den menschlichen Betrachter fast unsichtbar. Der Übergang vom ausschließlich aus Mikroorganismen bestehenden Biofilm hin zu einfachen Pflanzengesellschaften aus gewebebildenden Algen oder auch Moosen ist fließend. Umgangssprachlich wird ein solcher Bewuchs daher gerne als Algenteppich bezeichnet. Und wirklich, die auffälligsten Lebewesen des Biofilms sind Grünalgen (Chlorophyta), Kieselalgen (Bacillariophyta) und Blaualgen (Cyanobacteria). Trotz ihrer Namensähnlichkeit sind diese drei Gruppen nur ganz entfernt verwandt. Gleichwohl verbindet diese Organismen etwas, was ihnen auch die gleichlautende Bezeichnung "Algen" eingebracht hat: Sie besitzen Chlorophyll, den Farbstoff, der für die Umwandlung von Lichtenergie in chemische Energie verantwortlich ist. Grünalgen, Kieselalgen und Blaualgen können aus Sonnenlicht und Kohlenstoffdioxid Biomasse produzieren – sie sind Primärproduzenten aquatischer Ökosysteme.

Biofilm wächst in Fließgewässern, Seen, Teichen, Tümpeln und Pfützen und sogar auf jeder feuchten Oberfläche an Land. Die Produktion von Biofilm in Stehgewässern - besonders wenn sie sich im Sommer erwärmen - ist oft viel höher als in Fließgewässern. Aber in Bächen und Flüssen, in denen höhere Wasserpflanzen fehlen, bildet dieser strömungsresistente Belag oft die einzige Grundlage der Nahrungskette. Auch wenn dieser Aufwuchs oft kaum ins Auge fällt, die Biomasseproduktion ist überraschend hoch und kann mehrere hundert Gramm pro Quadratmeter und Jahr betragen. Auch in den Ober- und Mittelläufen unserer alpinen Bäche und Flüsse ist Biofilm eine unverzichtbare Nahrungsressource. Als Futter für Jungfische ist Biofilm die Grundlage für den erstaunlichen Fischreichtum dieser Flüsse. Für die überraschend hohe Produktion in diesen doch so lebensfeindlich erscheinenden Gewässern sind drei Faktoren maßgeblich: Erstens, in den klaren, flachen und schnell fließenden Flüssen gelangt das Sonnenlicht ungehindert bis auf den Gewässergrund. Zweitens, gerade der hier vorherrschende Kies führt zu einer gewaltigen Vergrößerung der wirksamen Oberfläche und drittens, unsere Flüsse frieren fast niemals bis auf den Grund zu, wenn sich denn überhaupt eine dauerhafte Eisdecke bildet. Die Wassertemperaturen bleiben auch in der kalten Jahreszeit immer über dem Gefrierpunkt, so dass auch der Winter die Biomasseproduktion im Fluss nicht vollständig unterbindet (Siehe: Biologie des Wassers).